Interview derstandard.at

Re-Branding: McDonald’s wird Grün

McDonald’s-Filiale in neuer Farbgebung
McDonald’s-Filiale in neuer Farbgebung

Interview auf derstandard.at

Grün statt Rot: Markenstratege Alexander Berzler über das neue Logo von McDonald’s und was gut gemachtes Corporate Design bringen kann

McDonald’s will die Farbe Rot aus dem Logo streichen und durch Grün ersetzen. “Einbußen in der Wiedererkennbarkeit sind zwar kurzfristig wahrscheinlich”, meint Markenstratege Alexander Berzler dazu, generell sieht er aber mehr Chancen als Risiken, “einen klaren Vorteil bringt die Umgestaltung durch die visuelle Differenzierung zum Hauptkonkurrenten Burger King, welcher auch die Farbkombination Gelb/Orange und Rot verwendet”. Generell sei das Potenzial von visueller Unternehmenskommunikation hierzulande noch nicht ausgeschöpft, “der Text ist letztlich eichter steuerbar als Bilder, das Lesen von Bildern ist eine Fähigkeit, die erlernt werden muss”.

etat.at: McDonald’s hat angekündigt, die Farbe Rot durch Grün zu ersetzen, was bringt diese Aktion aus ihrer Sicht?

Berzler: McDonald’s will sich mit dieser Maßnahme neu positionieren, um visuell Umweltfreundlichkeit und Natürlichkeit zu suggerieren. Auf Grund der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass visuelle Informationen im Vergleich zu textlichen von Rezipienten kognitiv weniger elaboriert verarbeitet werden, sollte diese Maßnahme Erfolg versprechen. Ein klarer Vorteil bringt die Umgestaltung durch die visuelle Differenzierung zum Hauptkonkurrenten Burger King, welcher auch die Farbkombination Gelb/Orange und Rot verwendet. Auch die Rivalen Wendy’s, Pizza Hut, Kentucky Fried Chicken und Arby’s verwenden Rot als wichtigen Bestandteil des Corporate Designs.

etat.at: Was sollte McDonald’s hier beachten?

Berzler: Nicht nur die Kombination der Farben Gelb und Grün beeinflussen die Gesamtwirkung des Logos, sondern auch die Farbtöne selbst und deren Sättigung. Ein knalliges Grasgrün wirkt anders wie ein dunkler Olivton. Letzterer wäre für die Kombination mit dem leuchtenden McDonalds-Gelb in Anbetracht der besseren Figur-Grund-Differenzierung bzw. des höheren Kontrastes vorzuziehen. Ich bin davon überzeugt, dass sich die beauftragten Strategen und Designer dessen bewusst sind. McDonald’s wird bei einer Neupositionierung dieser Größenordnung mit Sicherheit auf umfangreiche empirische Vorevaluationen setzen.

etat.at: Sehen sie auch Gefahren?

Berzler: Dass bei farblichen Veränderungen gut aufgepasst werden muss, zeigte die massive Marktablehnung für das Produkt “Crystal Pepsi” im Jahr 1992. Die durchsichtige Cola floppte total und wurde wenig später wieder vom Markt genommen. Pepsi kostete dieses Projekt 100 Millionen U.S.-Dollar.

Bei McDonald’s überwiegen die Chancen über die Risiken: Einbußen in der Wiedererkennbarkeit sind zwar kurzfristig wahrscheinlich, diese Gefahr ist jedoch insofern verschmerzbar als dass das geschwungene “M” in Gelb als visuelles Schlüsselelement der Wiedererkennbarkeit erhalten bleibt. Farbwechsel im Allgemeinen sollten stets gut durchdacht sein – Pretests sind vor allem in dieser Dimension unerlässlich. Besonders global agierenden Marken sollten auch die interkulturell unterschiedliche Wirkung visueller Kommunikation vorevaluieren.

etat.at: Man hat den Eindruck, dass generell das Thema visuelle Kommunikation hierzulande noch unterschätzt wird.

Berzler: Dass Bilder die Aufmerksamkeit von Rezipienten wecken und aktivieren, wurde empirisch insbesondere durch die Werbewirkungsforschung vielfach belegt. Deren spezifischen Wirkungen beziehungsweise die Potentiale visueller Kommunikation werden aber sicherlich nicht immer ausgeschöpft. Man denke hierbei an die Möglichkeiten des emotionalen Brandings durch visuelle Kommunikation, den Aufbau von Bilder- und Erlebniswelten.

Gute Werbung zeichnet sich auch dadurch aus, dass die Ebene der (visuellen) Denotation, des Offensichtlichen verlassen wird. Der Grund weshalb visuelle Kommunikation unterschätzt wird, liegt vermutlich in erster Linie darin begründet, dass Bilder in deren Aussagen meist vielschichtig sind und von Person zu Person unterschiedliche Assoziationen und Gefühle auslösen, die auf persönlichen Erfahrungen beruhen. Auch Farben und Zeichen evozieren interpersonell unterschiedliche Eindruckswirkungen.

Text ist letztlich leichter steuerbar als Bilder, das Lesen von Bildern ist eine Fähigkeit, die erlernt werden muss. In der Literatur wird sogar von einem verbreiteten “visuellen bzw. ikonischen Analphabetismus” gesprochen. Die Forschung weiß generell weit mehr über die Wirkung textlicher im Vergleich mit visueller Kommunikation. Möglicherweise liegt auch die Unterschätzung der visuellen Kommunikation darin begründet, dass unternehmensseitig Unsicherheiten bzgl. der Auswahl strategisch geeigneter Bildmotive vorliegen.

etat.at: Wie schätzen sie hier die weitere Entwicklung ein?

Berzler: Immer mehr Unternehmen werden ihre Inhalte über audiovisuelle Kanäle wie Youtube kommunizieren, mit den immer größer werdenden Bandbreiten wird sich der Trend zu Bewegtbild in der Online-Werbung fortsetzen. Sowohl in der PR-Theorie als auch in der Praxis der Öffentlichkeitsarbeit werden Bilder noch gezielter bzw. strategischer eingesetzt werden, in der Markenkommunikation wird sich der Trend zu multisensualem Branding fortsetzen.

etat.at: Was kann eine gut gemachte visuelle Kommunikation einem Unternehmen bringen?

Berzler: Ein guter visueller Auftritt erzeugt ein klares Profil am Markt, differenziert sich somit visuell von der Konkurrenz, gefällt, erzeugt einen emotionalen Konnex zur Marke, wird leicht wiedererkannt und fördert dadurch das Image des Unternehmens bzw. der Marke. Die visuelle Kommunikation selbst wird so zu einer “Unique selling proposition”. Verkürzt formuliert: Was gefällt, wird bei vergleichbarem Preis der Konkurrenzprodukte auch gekauft.

etat.at: Was muss ein Unternehmen beachten, wenn es das Corporate Design überarbeitet?

Berzler: Grundsätzlich sind die interkulturell unterschiedlichen Wirkungen von Namen, Farben und Formen zu berücksichtigen. Bei der Auswahl und Gestaltung von Markenzeichen sollte daher darauf geachtet werden, ob möglicherweise das Logo auf ein bereits bestehendes Zeichen verweist und ob dieses eventuell zu unerwünschten Assoziationen führt.

Zu Beginn des Prozesses muss eine prinzipielle Entscheidung gefällt werden: soll das Erscheinungsbild komplett neu gestaltet werden oder soll es nur optimiert beziehungsweise angepasst werden? Wenn es nur überarbeitet werden soll, dann ist es sinnvoll die Frage zu stellen, was am bisherigen Corporate Design gut und was schlecht war und generell ob die gewünschten strategischen Botschaften überhaupt vermittelt wurden. Die anschließenden Schritte sollten dazu dienen Gutes noch besser zu machen und auf das Schlechte zu verzichten. Das Logo muss letztendlich sowohl ästhetisch, technisch als auch strategisch überzeugen.

etat.at: Wie sehen die einzelnen Schritte aus?

Berzler: Sollte es das Budget zulassen, so könnte als erster Schritt eine empirische Analyse des bestehenden Corporate Designs erfolgen, das sowohl formal-technische als auch inhaltlich-strategische Aspekte evaluiert. Diese Ergebnisse fließen dann in das Briefing für die Grafik ein. Anschließend folgen mehrere Design-Schritte in Absprache mit dem beauftragenden Unternehmen bis sich mindestens ein Entwurf herauskristallisiert, welcher dann idealerweise erneut evaluiert und gegebenenfalls überarbeitet wird.

Generell ist die Gestaltung eines qualitativ hochwertigen Corporate Designs keineswegs trivial, da dieses einer Vielzahl von – nicht nur technischen – Anforderungen genügen muss: es soll nicht nur ästhetisch anmuten, sondern auch auffallen, sich von jenem der Konkurrenz abheben, zum Aufbau des gewünschten Soll-Images beitragen und stets die Marken- bzw. Unternehmensphilosophie kommunizieren.

etat.at: Welche heimische Marke hat die beste visuelle Unternehmenskommunikation?

Berzler: Spontan fällt mir hier der visuelle Auftritt von A1 ein, der mich ästhetisch anspricht. Das Interior Design der A1-Shops, die TV-Spots, die Print-Werbung und der Webauftritt sind optisch abgestimmt. Die visuelle Gestaltung suggeriert meines Erachtens Qualität und vermittelt Professionalität und fördert so das Vertrauen in die Marke.

(red, derStandard.at, 21.12.2009)